Am 3. Januar 1889 beobachtet Friedrich Nietzsche einen Kutscher dabei, wie er auf sein störrisches Pferd eindrischt. Um die Quälerei zu beenden, wirft er sich dem Pferd weinend um den Hals. Anschließend liegt der Philosoph zwei Tage stumm auf dem Sofa, um danach seine letzten Worte zu sprechen und die zwölf Jahre bis zu seinem Tod geistig verwirrt als Pflegefall zu verbringen. Das Schwarz-Weiß-Drama Das Turiner Pferd handelt aber nicht von den letzten Jahren des Jahrhundertgenies, sondern von den offenbar letzten sechs Tagen des Kutschers und seines Gauls. Der Film, der mit nur rund zwei Dutzend Einstellungen auskommt und durch seine großartige Kamera besticht, ist selbst für Cineasten sehr anspruchsvolle Kost. Er zeigt den monotonen und harten Alltag des alten Mannes, der mit seiner Tochter auf einem kleinen Bauernhof inmitten einer kargen Landschaft lebt. Mit jedem Tag verschlimmert sich die Situation der beiden. Der Orkan, der draußen tobt, wird immer heftiger. Das Pferd ist krank und hört auf zu fressen, es will offenbar nur noch sterben. Als auch noch der Brunnen austrocknet und das Feuer im Herd erlischt, bleibt am letzten Tag nur noch Dunkelheit zurück. Béla Tarrs existentialistische Parabel, „ein Weltuntergangs-Film und ein Nachruf auf die Zivilisation“ (Die Zeit) verstört und fasziniert zugleich.
Béla Tarr
Regisseur The Turin Horse
Master Class On the Art of Filmmaking
In Wien: 25. – 27. März
A Torinói ló
Béla Tarr, Ágnes Hranitzky
Béla Tarr, László Krasznahorkai
János Derzsi, Erika Bók, Mihály Kormos
Drama
Béla Tarr
Deutschland, Frankreich, Schweiz, Ungarn, USA
2011
Ungarisch mit engl. UT
146 min
Sonntag 26.03.
12:00 Urania Kino