Dass Kinder mit Holzschwertern und Plastikrevolvern Krieg spielen, ist auch in modernen Zeiten kein ungewöhnliches Bild. Wenn sich allerdings erwachsene Männer in Uniformen der Deutschen Wehrmacht und der Roten Armee wechselseitig mit Platzpatronen beschießen oder auf eine andere Art und Weise an die Gurgel gehen, erscheint das vielen Menschen wohl mehr oder weniger seltsam. Zu Recht? Der Regisseur Meelis Muhu stößt auf unerwartete Antworten. Die Hauptdarsteller von Let’s Play War sind Mitglieder von Militärclubs, die in ihrer Freizeit regelmäßig Schlachten aus dem Zweiten Weltkrieg möglichst wahrheitsgetreu nachzuspielen versuchen. Ihre Scheingefechte erscheinen letztlich weniger absurd, als die Zuschauer auf den ersten Blick vermuten würden. Dennoch bleibt die Grenze zwischen freundschaftlichem Spiel und hasserfülltem Kampf dünn, wie kontrastreiche Bilder zeigen: In einem Moment tanzen und feiern die Clubmitglieder miteinander, im nächsten üben sie das Schießen und Sterben. Einem Jungen wird gezeigt, wie hoch er den Arm zum Hitlergruß heben muss, Mädchen performen mit Pistolen in der Hand „You’re in the Army Now“. Let’s Play War ist eine fesselnde Doku aus Estland, die eine neue Perspektive auf die offizielle Geschichtsschreibung und mögliche Wege des Erinnerns eröffnet.
Täna mängime sõda
Meelis Muhu
Dokumentarfilm
Dokumentarfilm-Wettbewerb
Estland
2016
Estnisch mit engl. UT
81 min